Antoine Court

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Antoine Court
Denkmal für Antoine Court in Villeneuve-de-Berg
Denkmal für Antoine Court in Villeneuve-de-Berg
Geboren 27. März 1696 (Villeneuve-de-Berg)
Gestorben 13. Juni 1760 (Lausanne)
Festtag 13. Juni (Evangelischer Namenkalender)

Antoine Court (* 27. März 1696 in Villeneuve-de-Berg im Languedoc; † 13. Juni 1760 in Lausanne) war ein französischer reformierter Pastor und Direktor der evangelischen Akademie in Lausanne, der auch als „Wiedererrichter des Protestantismus in Frankreich“ bezeichnet wurde.

Courts Vater Jean war Händler. Seine Mutter hieß Marie Gébelin. Beide waren Anhänger der Reformierten Kirche, die damals verfolgt wurde. Antoine Court wurde katholisch getauft, weil das Gesetz es so vorschrieb und um den verbotenen Glauben zu tarnen. Sein Studium konnte er nicht beenden, so dass er sich autodidaktisch fortbilden musste. Schon im Alter von 17 Jahren fing Court an, bei den geheimen Treffen der Hugenotten, wie die Protestanten Frankreichs genannt wurden, Reden zu halten, die buchstäblich „in Erdhöhlen“, oft im Dunkeln und ohne einen Pastor, zur Ehre Gottes, zur Belehrung und Beratung abgehalten wurden.

1685 setzte Ludwig XIV. mit dem Edikt von Fontainebleau das Edikt von Nantes außer Kraft. Dies führte zu einer Verfolgung, Vertreibung und Massenflucht der Protestanten, die vor allem im Süden Frankreichs lebten. Ihre Kirchen wurden zerstört, 466 Dörfer wurden während des Kamisardenkrieges 1702 bis 1710 verbrannt und etwa 30.000 Personen getötet. Manche blieben und praktizierten weiterhin im Geheimen ihren evangelischen Glauben, diese Bewegung wurde ab 1715 als „Kirche der Wüste“ oder „Christen der Wüste“ bezeichnet. Ihre Anhänger wurden gejagt, verfolgt und getötet.[1]

Als Prediger bekämpfte Antoine Court den Einfluss der prophetischen Bewegung, die in den Cevennen verbreitet war. Unter Mühen versuchte er, die evangelische Kirchenorganisation des 17. Jahrhunderts und die evangelische Orthodoxie wieder herzustellen. Er war sehr bemüht, die Kirche auszubauen, die so unbarmherzig verfolgt wurde; um dies zu erreichen, machte er vier Vorschläge:

  1. regelmäßige religiöse Treffen zur Lehre und Anbetung Gottes
  2. Zurückweisung des Fanatismus derer, die sich selbst für „inspiriert“ erklärten und der daraus entstehenden Unordnung unter den Protestanten
  3. Wiedererrichtung der Kirchendisziplin durch die Einrichtung von Kirchenräten, Konferenzen und Synoden
  4. die sorgfältige Ausbildung einer Pastorenschaft

Er widmete sein ganzes Leben dieser anspruchsvollen Aufgabe. Aus heimlichen Treffen eines halben Dutzends wurden offene Versammlungen von bis zu 10.000 evangelischen Christen. 1715 berief er die erste Synode der Wüste, wie die Synode der Französischen Reformierten Kirche genannt wurde, in Montèzes bei Monoblet ein.[2]

1718 wurde Court Pfarrer. Von 1720 bis 1722 hielt er sich in Genf auf. Dort versuchte er, den führenden hugenottischen Flüchtlingen die Sorge zu nehmen, dass seine Initiativen gefährlich seien. Ferner versuchte er, personelle und finanzielle Mittel für die Kirche der Wüste zu erhalten. Er konnte erreichen, dass einer Wiedererrichtung einer notdürftigen evangelischen Seelsorge zugestimmt wurde. Er gewann die Unterstützung von Bénédict Pictet, Jean-Alphonse Turrettini und der Zürcher Pfarrer. Ein Hauptproblem war die Ausbildung der Pfarrer für die französische evangelische Kirche. Mit der Hilfe Berns bemühte sich Court um die Einrichtung eines Seminars in Lausanne in der Schweiz.

1724 kam weiteres Ungemach über die Protestanten durch ein Dekret, welches feststellte, dass es keine Protestanten in Frankreich gäbe und auch die geheimste Ausübung des reformierten Glaubens verbot. So wurde im Jahre 1728 Courts Freund Alexandre Roussel, ein evangelischer Prediger, hingerichtet.

1726 trat mit Jean Bétrine der erste Student in das Pfarrerseminar für die französische evangelische Kirche in Lausanne ein, das 1729 offiziell eröffnet wurde. Antoine Court leitete es gemeinsam mit Benjamin Du Plan. Lehrer der Lausanner Akademie für evangelische Geistliche, die bereits 1537 gegründet worden war, wie Georges Polier de Bottens, Jean Salchli und Abraham Ruchat, gaben als Privatleute Kurse dieses Seminars.

Es wurde ein Kopfgeld auf Court ausgesetzt, woraufhin er 1729 Frankreich endgültig verließ und 1730 mit seiner Familie nach Lausanne flüchtete. Hier arbeitete er weiter für die evangelische Kirche Frankreichs. So gründete er ein beratendes und unterstützendes Zentralkomitee und arbeitete als Publizist. Court blieb für die verbleibenden 30 Jahre seines Lebens leitender Direktor des Lausanner Predigerseminars. Diese Schule bildete bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sämtliche Pastoren der Reformierten Kirche Frankreichs aus. Antoine Court starb in Lausanne am 13. Juni 1760.[3]

Sein einziger Sohn, Antoine Court de Gébelin, der den Namen seiner Großmutter annahm, war ein hochgeschätzter Literat, und leistete hervorragende Arbeiten, zunächst als Sekretär und Assistent seines Vaters und später als Wissenschaftler in Paris. An ihn wird im Zusammenhang mit dem berühmten Fall des Jean Calas erinnert, durch sein Werk Les Toulousaines, ou lettres historiques et apologétiques en faveur de la religion réformée (Lausanne, 1763).

Court beabsichtigte, eine Geschichte des Protestantismus zu verfassen und legte dafür eine ausgedehnte Sammlung an, er konnte sein Vorhaben vor seinem Tode aber nicht mehr verwirklichen. Tatsächlich konnte er folgende Werke veröffentlichen:

  • Edmond Hugues: Histoire de la restauration du protestantisme en France au dix-huitième siècle. Antoine Court d’après des documents inédits. Paris, 1872
  • E. Hugues: Les Synodes du désert. Drei Bände. Paris 1885–86, archive.org
  • Bulletin de la Société de l’Histoire du protestantisme français. Paris 1893–1906
  • H. M. Baird: The Huguenots and the Revocation of the Edict of Nantes. New York 1895; Neuauflage Verlag BiblioBazaar, 2010, ISBN 1-117-89641-2
  • Georges Bridel: Antoine Court et ses sermons. Ernest Combe, Lausanne 1896
  • New International Encyclopedia. Dodd, Mead, New York 1905
  • Court, Antoine. In: Encyclopædia Britannica. 11. Auflage. Band 7: Constantine Pavlovich – Demidov. London 1910, S. 321 (englisch, Volltext [Wikisource]).
  • Samuel Mours: Antoine Court. Publications du Musée du Désert en Cévennes, 1948
  • Ph. Cardon: Antoine Court, 1695-1760. Une vie au service du Désert. Dissertation, Bibliothèque de la Société d’histoire du protestantisme français, Paris 1981
  • Entre Desert et Europe, le Pasteur Antoine Court (1695–1760). Verlag Champion, 1998, ISBN 2-85203-668-1
  • Claude Cantini: Le séjour lausannois (1729–1760) d’Antoine Court. In: Revue de la Société des enfants et amis de Villeneuve-de-Berg, 2002, 62e année, N.S., n° 58, S. 47–64
  • Laurence Vial-Bergon: Antoine Court. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 16. August 2005.

Einzelnachweise

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  1. Karen Bullock: Lecture notes. Christian Heritage III.
  2. Eberhard Gresch: Die Hugenotten. Geschichte, Glaube und Wirkung. 4., überarbeitete Auflage. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2009, ISBN 978-3-374-02260-1, S. 76 bis 77
  3. Antoine Court (1695-1760), Musée virtuel du protestantisme
  4. Frieder Schulz: Das Gedächtnis der Zeugen – Vorgeschichte, Gestaltung und Bedeutung des Evangelischen Namenkalenders. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, Band 19. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, S. 69–104, Namenliste S. 93–104 (Digitalisat)